Über 90 Jahre GWG
Es war genau am 12. August 1924, als sich rund 150 an einem Eigenheim Interessierte im Saal des Weimarer Stadthauses am Markt trafen, um nach Vorarbeit durch einen bereits am 24. März 1924 gewählten Ausschuss den Gemeinnützigen Beamten-Bauverein aus der Taufe zu heben. Er wurde zum Vorläufer unserer jetzigen GWG "Am Webicht". Natürlich ging es in der ersten Versammlung hauptsächlich um die Finanzen, zumal die Beamten der damaligen Zeit mit irdischen Güter keineswegs gesegnet waren. Man musste schon rechnen, zumal die Stadt Weimar für das Baugelände auf der – sogenannten - Großmutter 6 Mark pro Quadratmeter einschließlich der Straßenbaukosten verlangte. Für die damalige Zeit ein schöner Batzen Geld. Der Geschäftsanteil betrug je Vereinsmitglied 500 Goldmark. Man schätzte ein, dass die Belastung der Bauenden wesentlich größer sein würde als in einer Mietwohnung. Aber "die Annehmlichkeiten des Alleinwohnens würden reichlich aufwiegen", schätzte der damalige Architekt ein. Die Gründungsversammlung schloss gegen 1.45 Uhr des folgendes Tages. Der Verein war gegründet und Regierungsrat Dr. Schmeisser zum 1. Vorsitzenden gewählt. Architekt Julius Müller wurde sein Stellvertreter. Sorgen hatte man nicht nur mit den Finanzen, sondern auch mit Langfingern, die sich für die in der damaligen Zeit fortschrittlichen Schlackesteine der deutschen Industrie interessierten und von den auf der Großmutter Gelagerten "...eine beträchtliche Anzahl mausten"", wie aus einem Sitzungsprotokoll hervorgeht.
Mit den Jahren ging die Rechnung des damaligen Stadtbaurates August Lehrmann auf, dessen Bebauungsplan für die Großmutter vorwiegend Doppel- und Reihenhäuser vorsah. Übrigens nannten die Weimarer das Neubaugebiet wegen der bunt angestrichenen Häuser „Neukamerun“ in Anlehnung an die nach dem ersten Weltkrieg verloren gegangene deutsche Kolonie an der Westküste Afrikas.
Den ersten Richtschmaus hatte es am 14. Februar 1925 im Schützenhaus mit den 20 Mitgliedern des ersten Bauabschnitts gegeben.
In der Entwicklungsphase des Vereins gab es oft Streitigkeiten mit Architekten. Am Ende wurde aber die Mehrzahl der Bauten von Ernst Flemming (1892 – 1967) konzipiert und betreut. Von ihm stammen u.a. auch das Gebäude des Emmy-Göring-Stiftes in der Tiefurter Allee sowie das ehemalige Kino in der Hummelstraße. Unsere Bauvorfahren beendeten die Etappe ihres Wirkens um 1929. 85 Prozent der Wohnungen entstanden durch sie, die übrigen 15 Prozent durch andere Bauträger. In einer weiteren Entwicklungsphase zwischen 1933 und 1937 entfielen nur noch 5 Prozent der Neubauten auf den Verein. Das vorläufige Ende der Bebauung der Großmutter kann auf das Jahr 1937 festgesetzt werden. Offensichtlich im Hinblick auf die Kriegsvorbereitungen der Nazis wurden andere Baupläne (Westwall, Rüstungsbetriebe usw.) durchgesetzt.
Mitte der 30er Jahre änderten sich übrigens die Besitzverhältnisse der in den 20er Jahren vom Beamtenbauverein errichteten Häuser. Etwa 85 Prozent der Einfamilien- und Doppelhäuser wechselten so ihre Besitzer wie auch ursprünglich geplant.
Die restlichen sowie frisch erworbenen Häuser gingen ins das Eigentum der sich nach 1945 unter sozialistischen Verhältnissen bildenden GWG. Bevor es aber soweit war, mussten alle Bewohner des Großmutterkomplexes der Sowjetarmee weichen. Um das gesamte Gebiet wurde der für russische Verhältnisse typische Bretterzaun gezogen. Die Weimarer hatten dort jahrelang nichts mehr zu suchen. 1950 gaben dann "die Freunde" das Gebiet wieder frei. Um der Wahrheit die Ehre zu geben: In bestem Zustand waren die Häuser nicht mehr. Immerhin: Die Mitglieder der kleinen neugebildeten Genossenschaft fassten frischen Mut. Sie kamen 1961/62 sogar mit dem Bau der Jenaer Straße 51/53 ins Neubaugeschäft, trotz schwierigster materieller Bedingungen. Anschließend entstand noch ein großer Garagenkomplex am Ende des Krausweges.
Danach galt bis zum heutigen Tag das Hauptinteresse ausschließlich der Verbesserung der Wohnbedingungen für die GWG-Mitglieder, die an dieser Aufgabe jahrelang selbst tatkräftig mitwirkten.
Die heutige GWG "Am Webicht" e. G. Weimar präsentiert sich auch nach der Wende als wirtschaftlich gesundes Unternehmen. Zwar gehört sie mit ca. 90 Wohnungen zu den kleinen Genossenschaften, bietet jedoch dank des umsichtigen, ausschließlich ehrenamtlich tätigen Vorstandes und Aufsichtsrates allen Mitgliedern ein angenehmes Wohnen in attraktiver Wohnlage in der Parkvorstadt Weimar. Das komfortable Wohnen in unmittelbarer Zentrumsnähe der Universitäts- und Klassikerstadt für unsere Mitglieder zu sichern, auch unter Berücksichtigung gesetzlicher Vorgaben stetig weiter zu verbessern und dennoch moderate Mietpreise bieten zu können, ist nunmehr die vordergründige Aufgabe unserer Genossenschaft.